Marga Spiegel

 

Marga Spiegel (* 21. Juni 1912 in Oberaula als Marga Rothschild; † 11. März 2014 in Münster) war eine Überlebende des Holocaust. Sie konnte während des Krieges zusammen mit ihrer Familie bei Bauern im Münsterland untertauchen. Über ihre Zeit auf der Flucht vor den Nazis veröffentlichte Spiegel 1969 ein Buch mit Erinnerungen, das 2009 verfilmt wurde.

 

Lesung von Marga Spiegel in der Reihe "Frauen mit Profil " der Katholischen Frauengemeinschaft  

 
 
                     Marga Spiegel ( Mitte)

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Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Fauen mit Profil " der Katholischen Frauengemeinschaft las die jüdische Autorin Marga Spiegel in Münster aus ihrem Buch "Retter in der Nacht. Wie eine jüdische Familie im Münsterland überlebte" . Marga Spiegel konnte während des Krieges zusammen mit ihrer Familie bei Bauern im Münsterland untertauchen. Das Buch, das sie schon 1965 niederschrieb, erschien bereits in 4. Auflage im Münsteraner Lit-Verlag. Die 93 jährige Autorin hält viele Lesungen in Schulen ab, um über ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der damaligen Zeit zu berichten.

Sie begann mit dem berühmten Gedicht von Hans Sahl:
"...Greift zu, bedient euch.
Wir sind die Letzten.
Fragt uns aus.
Wir sind zuständig..."

Im Gegensatz zu ihr emigrierte Hans Sahl ins Ausland. Sie blieb in Deutschland und konnte nur mit Hilfe ihrer mutigen Retter überleben. Sie schilderte Ereignisse aus ihrer Jugend in dem hessischen Ort Oberaula, wo sie aufwuchs.1912 wurde sie in Oberaula geboren. Der Ort hatte nur 500 Einwohner, davon 47 Juden. Schon als Kind hatte Marga Spiegel als Jüdin unter Verfolgung durch ihre Mitmenschen zu leiden. Ihr Vater war Freiwilliger im 1. Weltkrieg gewesen und war sehr patriotisch. Er erlitt ein schlimmes Schicksal. Er kam 1937 im KZ Sachsenhausen ums Leben. Ihre Mutter starb früh. Sie konte die Drangsalierung und Verfolgung ihrer Familie nicht ertragen. 1941 wurde Marga Spiegel schwer krank und in einem kleinen katholischen Krankenhaus wieder gesund gepflegt. Im selben Jahr deportierte man Marga Spiegels jüngere Schwester in ein Konzentrationslager , wo sie starb.

Marga Spiegel konnte nur zwei Semester in Marburg studieren, dann mußte sie das Studium abbrechen und half ihrem Vater in seinem Geschäft. Er gehörte zu den wohlhabenden Bürgern von Oberaula und zahlte am meisten Steuern. Das Geschäft wurde "arisiert". Marga wurde in Oberaula unter einem Vorwand verhaftet und saß unschuldig einige Tage im Gefängnis. Der Gefängniswärter, ein Freund ihres Vaters, half ihr und gab ihr Ratschläge, was sie sagen sollte, um freizukommen. Sie glaubte an einen "Schutzengel", der ihr und ihrer Familie auch später weiterhalf. Ohne den Schutzengel hätte sie nicht überlebt.

1937 ging Marga Spiegel mit ihrem Mann Siegmund ( " Menne") nach Ahlen . 1938 wurde die Tochter Karin geboren. Da sie Angst vor den Deportationen hatten, suchte ihr Mann viele ihm bekannte Bauern in der Umgebung auf und bat sie, die Familie aufzunehmen. Insgesamt vier Bauernfamilien im Münsterland, ganz einfache Leute, setzten ihr Leben aufs Spiel und versteckten Marga Spiegel und ihre Tochter. Die Tochter mußte sich als "Karin Krone" ausgeben, was sie sogar als Dreijährige durchhielt. Marga Spiegels Mann tauchte woanders unter. Oft geriet die Familie in große Gefahr. Es sei eine Besonderheit gewesen, daß eine Familie gemeinsam untertauchen und überleben konnte, betonte Marga Spiegel. Am Ende der beeindruckenden Lesung hob die Autorin hervor, daß sie den Erlös aus dem Verkauf des Buches für ein Krankenhaus in Münsters israelischer Partnerstadt Rishon-le-Zion spendet.

Gegen das Vergessen der Terrorherrschaft der Nazis und der vielen jüdischen Opfer hat der Aachener Bischof Dr Heinrich Mussinghoff Stellung bezogen und in seinem Brief an Marga Spiegel geschrieben:"Sie haben uns Ihre Erinnerungen aufgeschrieben- zum Gedächtnis, als Zeugnis, wider das Vergessen. Ich ahne nur, was das kostet, die Ängste in Erinnerung zu holen ,sie neu zu leben und zu erleiden; Alpträume zu bekommen,schweißgebadet mit Schreckensschrei aufzuwachen, wie gelähmt und stumm eine Situation erneut zu durchleiden..." Professor Dr. Diethard Aschoff bezeichnete den Lebensbericht von Marga Spiegel als " ein Zeugnis des unbedingten Überlebenswillens einer tödlich bedrohten Familie und der selbstlosen Hilfebereitschaft ihrer Retter."

Marga Spiegel: Retter in der Nacht. Wie eine jüdische Familie im Münsterland überlebte. Lit-Verlag, Münster ,5.Auflage 2009, 16,80 Euro.

Dazu gibt es das Filmbuch von Marga Spiegel, Bauern als Retter, Lit-Verlag ,Münster 2009,19,90 Euro.

 

Text und Foto : Ingrid Henjes

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Marga Spiegels Erinnerungen wurden mit dem Titel "Unter Bauern-Retter in der Nacht-" im Jahre 2009 verfilmt, u.a. mit Veronica Ferres und Armin Rohde . Die Welturaufführung des Filmes-  mit der 97 jährigen Marga Spiegel und Veronica Ferres- war beim Filmfestival in Locarno vor 7000 Zuschauern . Zusammen waren Marga Spiegel und Veronica Ferres auch bei  " Wetten,dass..?" mit Thomas Gottschalk , in der Talkshow "Beckmann" und beim Filmstart in Münster.

Im Abspann des Filmes "Unter Bauern-Retter in der Nacht-"( Regisseur Ludi Boeken) ist die "echte" Marga Spiegel mit Anni Richter,geb. Aschoff, bei den Dreharbeiten im Set zu sehen.

Jahrelang bemühte sich Imo Moszkowicz um die Verfilmung des Buches " Retter in der Nacht". Otto Jägersberg schrieb mit ihm das Drehbuch des Filmes.

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Ergänzung: Werner Klöpper

Japanische Kirschblüten mit Dom
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